Vom »Promenaden-Cafe« und dem »Schweizer Hof«

Am 6. Juni 1906 erschien in der liberalen »Saale-Zeitung« eine Geschäftsanzeige über die Eröffnung eines »der Neuzeit entsprechend eingerichteten« Etablissements, an der Neuen Promenade (heute Waisenhausring), das den Namen »Promenaden-Café« trug. Der Pächter Gottlieb Aegerter übernahm es von dem Cafetier Neumeister, der offensichtlich das junge Unternehmen nur wenige Monate geführt hatte. Aegerter versprach seinen Gästen einen »angenehmen Familienaufenthalt«. eine reichhaltige Menükarte mit besten Speisen und den speziellen Ausschank von Bier der Hallischen Aktien-Brauerei, echtem Pilsner sowie von Nürnberger Patrizierbräu.

Das Café in der ersten Etage des Eckgebäudes Neue Promenade 16 lag überaus günstig an der Kreuzung Leipziger Straße (Boulevard) »einer der beliebtesten Geschäftsstraßen des halleschen Zentrums und in dem sich selbst Firma Pottel und Broskowski, eine renommierte Delikatessenhandlung, befand.«

Nach 23jähriger Leitung zog Gottlieb Aegerter in das von ihm erworbene Nachbarhaus Waisenhausring 15 und eröffnete hier am 11. Januar 1929 eine vollständig neue Gaststätte unter dem Namen »Promenaden Café«. Das Gebäude war Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts von Bürgermeister Rummel errichtet worden und für diese Zwecke wenig geeignet.

Der Architekt A. Ostermaier hatte deshalb keine leichte Aufgabe zu bewältigen, konnte sie jedoch erfolgreich lösen. In den »Hallischen Nachrichten« heißt es dazu u.a.: »Wer das Grundstück vorher kannte, wird bestätigen, daß das Haus jetzt nicht wieder zu erkennen ist. Es hat einen vollkommenen Umbau erfahren. Trotzdem wurde, was erhalten werden konnte, geschont. So hat man darauf verzichtet, den Fußboden des Cafés tiefer zu legen. und zwar in der Erwägung, daß die Mühe, die paar Stufen zu steigen, reichlich aufgewogen würde durch die ausgezeichnete Aussicht auf die Umgebung. Ebenso ließ man den rückwärtigen Teil des Lokals auf der alten Höhe, so daß hierdurch der Innenraum eine angenehme Teilung erfuhr, ohne die Größe des Raumes zu beeinträchtigen. Durch einen mit Marmortreppe und Holzvertäfelung ausgestatteten Vorraum betritt man das Lokal, in dem die Farbe des Bodens — rotes Inlaid Linoleum — mit dem Wandgetäfel in kaukasischem Nußbaum und dem Wand- und Deckenanstrich einen außerordentlich harmonischen und warmen Eindruck erweckt. Halle ist bestimmt um ein sehens- und schätzenswertes Café reicher geworden.«

Bei der Gestaltung der Außenfassade ließ Gottlieb Aegerter drei Wappensteine, das Schweizer und das bayrische, als Wappen der Geburtsländer des Besitzerehepaares sowie das Wappen der Stadt Halle anbringen, die jetzt bei der Überholung der Fassade ebenfalls restauriert wurden.

Am 6. Juni 1956 bestand das »Promenaden Café« 50 Jahre. In einer Pressenotiz hieß es aus diesem Anlaß: »Der Caféhausbesitzer Gottlieb Aegerter, begrüßte, daß es ihm die neue Preissenkung ermöglicht, seinen Gästen im Preis gesenkte Weine aus den Volksdemokratien und aus dem Unstruttal anzubieten.« Später übernahm die HO-Gaststätte das »Promenaden-Café«, das nach längerer Schließung am 24. November 1975 als HO-Gaststätte »Am Ring« wieder öffnete und schließlich bei der Rekonstruktion des Boulevards der Bauarbeiterversorgung diente. Nach einem exklusiven Umbau und vollständiger Erneuerung wandelte sich das alte »Promenaden-Café« zum »Havanna-Club«, der seine Gäste ab 21. März 1979 einladen konnte. Die Innenausstattung und die Speisekarte ist ganz auf Kuba, seine Landschaft, Geschichte und natürlich Spezialitäten aus der Küche ausgerichtet.

Im Buch »Die Tote an der Waisenhausmauer« von Harald Korall (Mitteldeutscher Verlag Halle 1984), spielt das Promenaden-Café in dem Kriminalfall der Titelgeschichte eine große Rolle und wird sehr anschaulich beschrieben und charakterisiert.